Rollen & Verantwortlichkeiten in PRINCE2 – PRINCE2 ist seit vielen Jahren eines der weltweit anerkanntesten Projektmanagement-Frameworks. Wer Projekte methodisch sauber zum Erfolg führen will, kann auf PRINCE2 kaum verzichten. Ein zentraler Baustein dieses Frameworks ist die klare Definition von Rollen und Verantwortlichkeiten. Doch was verbirgt sich dahinter? Wie unterscheiden sich die einzelnen Rollen und weshalb ist deren eindeutige Zuordnung ein Garant für effektive Projektarbeit? Dieser Artikel liefert fundierte Antworten und praxisnahe Einblicke.

Warum klare Rollen im Projektmanagement entscheidend sind
Viele Projekte scheitern nicht an der Technik, sondern an unklaren Verantwortlichkeiten. Wenn nicht definiert ist, wer was entscheidet oder Aufgaben abnimmt, schleichen sich schnell Fehler ein. Aufgaben bleiben liegen, Schnittstellen werden missverstanden und Verantwortlichkeiten verschwimmen. Aus diesem Grund legt PRINCE2 enormen Wert auf eindeutig beschriebene Rollen, die im gesamten Projektverlauf ein stabiles Gerüst schaffen. Während andere Methoden oft nur grob differenzieren, ermöglicht PRINCE2 eine feingliedrige Zuordnung aller Aufgabenpakete.
Die zentralen Rollen im PRINCE2-Projekt
Die Struktur von PRINCE2 sieht vor, dass jede Rolle ihre eigenen, genau festgelegten Verantwortungsbereiche hat. Zu den wichtigsten Rollen zählen:
1. Lenkungsausschuss („Project Board“)
Der Lenkungsausschuss ist das oberste Entscheidungsgremium und fungiert als Bindeglied zwischen Auftraggeber und Projektteam. Die Mitglieder vertreten verschiedene Interessengruppen:
- Executive: Stellt sicher, dass das Projekt wirtschaftlich sinnvoll bleibt.
- Senior User: Vertritt die Nutzerinteressen. Er definiert, wie ein Projektergebnis aussehen muss, damit es im operativen Umfeld Wert stiftet.
- Senior Supplier: Vertritt die lieferantenseitigen Belange und sorgt für eine realistische Einschätzung der Machbarkeit.
Der Lenkungsausschuss trifft alle wesentlichen Entscheidungen, genehmigt Projektphasen und stellt die Weichen für den weiteren Verlauf. Zudem trägt er die Gesamtverantwortung für die Zielerreichung und für die Einhaltung von Budgets und Zeitrahmen.
2. Projektmanager
Der Projektmanager übernimmt die operative Steuerung des Tagesgeschäfts. Er sorgt dafür, dass das Projekt gemäß den Vorgaben des Lenkungsausschusses voranschreitet. Zu seinen wichtigsten Aufgaben zählen:
- Planung und Kontrolle aller Projektaktivitäten
- Fortschrittsberichte und Eskalation bei Problemen
- Ressourcenmanagement und Koordination des Projektteams
- Kommunikation mit Stakeholdern
Da der Projektmanager Schnittstelle zu nahezu allen weiteren Rollen ist, benötigt er hohe soziale Kompetenz und Organisationstalent. Er ist außerdem verantwortlich dafür, dass Qualitätsstandards eingehalten werden und Risiken frühzeitig erkannt und gesteuert werden.
3. Teammanager
Auch wenn der Projektmanager das „Gesicht“ des Projektes ist, übernimmt der Teammanager die Leitung operativer Arbeitspakete. Er verantwortet die Umsetzung spezifischer Aufgaben, teilt sie in seinem Team und stellt sicher, dass die Ergebnisse pünktlich und qualitätskonform geliefert werden. Dabei kooperiert der Teammanager eng mit dem Projektmanager, informiert über Fortschritte und identifiziert frühzeitig etwaige Verzögerungen oder Hürden.
4. Projektunterstützung
In umfangreichen Projekten lohnt sich ein unterstützendes Backoffice. Die Projektunterstützung kümmert sich um administrative Aufgaben, die Pflege des Projektmanagement-Systems und – falls vorgesehen – das Qualitätsmanagement. Darüber hinaus übernimmt sie die Verwaltung von Dokumenten, Protokollführung und unterstützt bei Change-Management-Prozessen.
5. Projektassurance
Die Projektassurance prüft unabhängig, ob das Projekt noch auf Kurs ist. Sie bewertet regelmäßig, ob Risiken korrekt gehandhabt werden, Standards eingehalten sind und ob die Projektresultate den Nutzenversprechen genügen. Besonders bei kritischen Projekten verhindert diese Instanz „blinde Flecken“ im Projektalltag. Es ist ratsam, die Projektassurance außerhalb der Projektleitung anzusiedeln, um objektive Bewertungen zu gewährleisten.
6. Change Authority
Nicht zu vergessen ist die sogenannte Change Authority, die in PRINCE2 für die Genehmigung kleinerer Änderungen während des Projekts zuständig ist. Sie entlastet den Lenkungsausschuss, indem sie über Anfragen entscheidet, die das Projektbudget oder den Zeitrahmen nur unwesentlich betreffen. Dadurch bleibt das Projektteam flexibel und handlungsfähig.
Wie greifen diese Rollen ineinander?
Bei PRINCE2 greifen die Aufgabenbereiche der einzelnen Rollen exakt ineinander – keine Rolle agiert isoliert. Der Projektmanager steuert beispielsweise den Teammanager, berichtet dem Lenkungsausschuss, erhält Feedback von der Projektassurance und bekommt Support durch die Projektunterstützung. Damit Prozesse nicht ins Stocken geraten, ist ein kontinuierlicher Austausch zwischen allen Beteiligten essenziell.
Der größte Vorteil dieser Struktur besteht darin, dass jeder weiß, auf welche Ziele hinzuarbeiten ist und wie Entscheidungen ablaufen sollen. Besonders in herausfordernden Phasen zahlt sich diese Klarheit aus, weil Verantwortlichkeiten nicht diskutiert, sondern umgesetzt werden.
Eine anschauliche Zusammenfassung bietet folgende Visualisierung:
- Projektboard: Lenkt das Projekt strategisch.
- Projektmanager: Fokussiert die operative Umsetzung.
- Teammanager: Setzt die Arbeitsaufträge praktisch um.
- Projektunterstützung und Projektassurance: Begleiten, überprüfen und unterstützen effizient.
Typische Herausforderungen und bewährte Lösungen
Gerade in Matrixorganisationen können Doppelrollen und unklare Verantwortlichkeiten auftreten. Damit die PRINCE2-Struktur ihre volle Wirkung entfalten kann, empfiehlt es sich, folgende Punkte aktiv zu adressieren:
- Frühzeitige Zuordnung: Die Aufgabenverteilung bereits vor oder zu Beginn der Projektinitiierung schriftlich fixieren und im Team vorstellen.
- Rollenverständnis sichern: Sicherstellen, dass jede Person ihre Rolle sowie die Schnittstellen zu anderen versteht. Rollenspiele, Workshops oder kurze Schulungen fördern hier das gegenseitige Verständnis.
- Dynamik zulassen: Rollen und Verantwortlichkeiten dürfen und sollten bei Bedarf angepasst werden, wenn sich das Projekt weiterentwickelt oder neue Herausforderungen entstehen.
- Regelmäßige Retrospektiven: In den Projektphasen Zwischenziele reflektieren, Prozesse verbessern und Verantwortungsbereiche anpassen, falls nötig.
Best Practice: Erfolgsfaktoren im Umgang mit PRINCE2-Rollen
Erfolgreiche PRINCE2-Projekte haben eines gemeinsam: Sie leben ihre Rollen nicht nur auf dem Papier, sondern auch im Alltag. Folgende Grundregeln haben sich dabei besonders bewährt:
- Transparenz: Offene Kommunikation über Rollen und deren Verantwortungsbereiche fördert Vertrauen und Zusammenarbeit.
- Verbindlichkeit: Entscheidungen werden nachvollziehbar dokumentiert, damit alle Beteiligten Bescheid wissen.
- Flexibilität: Auch wenn der Rahmen klar ist, müssen individuelle Stärken der Teammitglieder berücksichtigt werden.
- Klare Stakeholder-Einbindung: Die Bedürfnisse der Stakeholder werden laufend berücksichtigt, und alle Veränderungen am Projektrahmen werden in enger Abstimmung vollzogen.
- Lernbereitschaft: Aus jedem Projekt lassen sich Verbesserungen für künftige Vorhaben ableiten – PRINCE2 fördert den organisatorischen Wissenstransfer erheblich.
Fazit Rollen & Verantwortlichkeiten in PRINCE2
Die konsequente Implementierung von Rollen und Verantwortlichkeiten nach PRINCE2 bildet das stabile Rückgrat jedes erfolgreichen Projekts. Sie sorgt dafür, dass Projekte zielgerichtet, effizient und transparent gesteuert werden können. Klare Verantwortlichkeiten reduzieren Risiken, stärken das Team und schaffen Vertrauen bei allen Beteiligten. Wer PRINCE2 nicht nur als methodische Pflichtübung sieht, sondern als Werkzeug für echte Teamleistung begreift, legt damit den Grundstein für nachhaltigen Projekterfolg. Denn nur dort, wo Zusammenarbeit, Transparenz und Verantwortlichkeit im Gleichgewicht stehen, wird Projektarbeit zukunftsfähig und leistungsstark.