MoSCoW Priorisierung – Won´t have – In einer Zeit, in der Projekte immer komplexer werden und Ressourcenknappheit den Alltag vieler Teams bestimmt, gewinnt die Fähigkeit zur klaren Priorisierung einen enormen Stellenwert. Die MoSCoW-Methode hat sich als leistungsfähiges Instrument etabliert, um Anforderungen zielgerichtet nach ihrer Wichtigkeit zu ordnen. Doch während die Kategorien „Must have“ und „Should have“ in der Praxis häufig im Fokus stehen, bleibt gerade das „Won’t have“ oft unbeachtet oder wird sogar falsch interpretiert. Dabei verbirgt sich genau in dieser Kategorie ein zentrales Element für nachhaltigen Projekterfolg und Stakeholder-Zufriedenheit.
Im Folgenden erfahren Sie nicht nur, wie die MoSCoW-Priorisierung insgesamt funktioniert, sondern insbesondere, welchen Stellenwert das „Won’t have“ besitzt, warum seine Anwendung oft schwerfällt und wie Sie dieses Prinzip geschickt in den Projektalltag integrieren und davon profitieren können.

Was ist die MoSCoW-Priorisierung? – Ein Überblick
Die MoSCoW-Methode ordnet Anforderungen in vier unterschiedliche Prioritätsklassen ein, die durch die Anfangsbuchstaben des Namens repräsentiert werden:
Must have
Hierzu zählen Anforderungen, ohne die das Projektergebnis wertlos oder nicht funktionsfähig wäre. Sie stellen die Mindestanforderungen dar, da sie absolut entscheidend für den Projekterfolg sind.
Should have
Diese Anforderungen sind sehr wichtig, jedoch nicht unbedingt für einen erfolgreichen Abschluss im ersten Schritt notwendig. Oft können sie im Ausnahmefall verschoben werden, jedoch reduzieren sie den Gesamtwert des Projekts, wenn sie fehlen.
Could have
In diese Kategorie fallen Wünsche, die den Nutzen des Projekts steigern, deren Fehlen aber keine gravierenden Auswirkungen hat. Nice-to-have-Features werden oft hier eingeordnet, da sie zusätzlichen Mehrwert bieten, aber nicht kritisch sind.
Won’t have (for now)
Die vierte Kategorie – und der Hauptfokus dieses Artikels – kennzeichnet Anforderungen, die bewusst nicht im aktuellen Release oder Projektumfang enthalten sind. Sie können in der Zukunft an Bedeutung gewinnen, werden aber im Hier und Jetzt konsequent ausgeschlossen.
„Won’t have“: Mehr als ein Ablageort für „später“
Viele Interessenten stellen sich die Frage, ob die „Won’t have“-Kategorie nicht letztlich einfach ein Aufschub für ungeliebte Aufgaben ist. Während dies durchaus ein häufiger Irrglaube ist, liegt die eigentliche Stärke von „Won’t have“ darin, Fokus zu schaffen, klare Grenzen zu ziehen und Ressourcen zu schützen.
Die wichtigsten Merkmale von „Won’t have“-Anforderungen
- Sie bringen für das aktuelle Ziel keinen entscheidenden Mehrwert.
- Die Umsetzung würde das Team von den priorisierten Aufgaben abhalten oder sogar die Qualität gefährden.
- Oft fehlen dafür entweder die Zeit, das Budget oder die technische Voraussetzung.
- Sie werden bewusst dokumentiert, um Diskussionen zu vermeiden und für spätere Phasen transparent zur Verfügung zu stehen.
Gerade weil in vielen Projekten eine Vielzahl guter Ideen entstehen, fällt es Teams manchmal schwer, diese klar zu priorisieren. Dennoch ist es besonders im Projektalltag entscheidend, sich von bestimmten Anforderungen – zumindest für die laufende Phase – zu verabschieden. Dies erfordert Transparenz, Durchsetzungsvermögen und die Bereitschaft, Prioritäten immer wieder kritisch zu hinterfragen.
Warum wird „Won’t have“ oft unterschätzt?
Obwohl es offensichtlich und sinnvoll erscheint, klare Grenzen zu setzen, werden „Won’t have“-Entscheidungen häufig vermieden oder nicht konsequent umgesetzt. Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Angst vor Enttäuschungen: Teams oder Verantwortliche möchten keine Stakeholder vor den Kopf stoßen.
- Unklare Kommunikation: Ohne ein gemeinsames Verständnis droht Verwirrung – Erwartungen bleiben im Raum stehen und werden später wieder eingefordert.
- Fehlende Dokumentation: Werden „Won’t have“-Anforderungen nicht ausreichend dokumentiert, geraten sie leicht in Vergessenheit oder werden bei Gelegenheit ungeplant doch integriert.
Gerade an diesen Stolpersteinen zeigt sich, wie wichtig es ist, „Won’t have“ als aktiven Teil der Projektmethodik zu begreifen und nicht bloß als Restkategorie für unerledigte Aufgaben.
Wie nutzen Sie „Won’t have“ effektiv?
Die konsequente Anwendung der „Won’t have“-Kategorie bedeutet, permanent bewusst zu entscheiden – und dies auch offen zu vertreten. Im Folgenden finden Sie einige praxisbewährte Tipps, wie Sie diese Kategorie als Erfolgsfaktor nutzen können:
1. Strukturiertes Anforderungsmanagement
Sammeln Sie zu Beginn alle potenziellen Anforderungen und klassifizieren Sie diese gemeinsam mit Stakeholdern und Teammitgliedern. So stellen Sie sicher, dass wirklich alle wichtigen Aspekte einbezogen werden.
2. Transparente und frühzeitige Entscheidungen
Entscheiden Sie möglichst früh, welche Anforderungen explizit nicht umgesetzt werden – und kommunizieren Sie dies offen, damit sich niemand auf eine spätere Umsetzung verlässt.
3. Lückenlose Begründungen
Notieren Sie zu allen Ausschlüssen die Beweggründe. Dadurch wird nachvollziehbar, warum bestimmte Funktionen verschoben wurden oder sogar komplett entfallen. Diese Begründungen wirken verbindlich und reduzieren Wiederholungsdiskussionen.
4. Regelmäßiges Review
Ihr Projektumfeld kann sich jederzeit ändern. Prüfen Sie deshalb zyklisch, ob einst ausgeschlossene Anforderungen inzwischen neuen Nutzen stiften würden. Dennoch sollten Sie vermeiden, zu impulsiv dem „Was wäre wenn…“-Prinzip zu folgen.
5. Konsequentes Nein-Sagen
Gerade bei hoher Außenwirkung setzen Stakeholder Teams schnell unter Druck, doch noch ein „kleines Feature“ umzusetzen. Hier müssen Sie als Verantwortlicher klar und standhaft bleiben, um den Projektrahmen zu schützen.
Bindewörter wie „dennoch“, „dadurch“, „weil“, „während“, „obwohl“ und „wenn“ erleichtern dabei die Argumentation und zeigen, dass Sie Zusammenhänge und Abwägungen sauber durchdenken.
Praxisbeispiel: „Won’t have“ in einem Softwareprojekt
Ein agiles Team entwickelt eine App für mobiles Bezahlen. Während im Workshop etliche Ideen entstehen, wird entschieden, dass für das erste Release lediglich die Kernfunktionen (wie Bezahlen mit Kreditkarte, Transaktionshistorie und Sicherheit) umgesetzt werden sollen. Folgende Features landen bewusst auf der „Won’t have“-Liste:
- Loyalty-Programme
- Anbindung externer API-Partner
- Multiwährungsfähigkeit
- Detaillierte Statistikanalysen
Warum? Während diese Funktionen in späteren Releases sinnvoll sein könnten, würden sie das Team in der aktuellen Phase überfordern und das Risiko für den pünktlichen Marktstart erhöhen. Durch das frühzeitige Ausschließen werden Ressourcen gesichert und die Kommunikation bleibt klar – sowohl intern als auch gegenüber Investoren und Endkunden.
Vorteile, wenn Sie „Won’t have“ richtig nutzen
Die konsequente Nutzung der „Won’t have“-Kategorie führt zu einer Vielzahl von Vorteilen, die in nahezu jedem Projekttyp relevant sind:
- Konzentration auf das Wesentliche: Wenn Sie unwichtige oder redundante Features streichen, steigern Sie Effizienz und Fokus.
- Langfristige Transparenz: Stakeholder wissen stets, was sie erwarten können – und was nicht.
- Reduktion von Komplexität: Weniger Funktionen bedeuten weniger Fehlerquellen und vereinfachen Wartung sowie Updates.
- Gestärktes Vertrauen: Durch Offenheit im Umgang mit Grenzen stärken Sie Ihre Glaubwürdigkeit und steigern die Zufriedenheit.
- Motivation des Teams: Wenn Prioritäten klar geregelt sind, arbeiten alle zielgerichteter – und fühlen sich in ihrer Arbeit wertgeschätzt.
„Won’t have“ in der agilen Realität: Herausforderungen & Lösungsansätze
Natürlich ist es in der Praxis nicht immer einfach, „Won’t have“-Entscheidungen konsequent durchzuhalten. Oft drängen Stakeholder oder Märkte auf kurzfristige Änderungen. Hier hilft neben guter Moderation vor allem das Einbinden von Argumentationshilfen, die die Gesamtzusammenhänge erklären.
Herausforderungen im Umgang mit „Won’t have“:
- Stakeholder akzeptieren Ausschlussentscheidungen nur schwer.
- Im Projektverlauf tauchen alte Themen unerwartet wieder auf.
- Es fehlen Prozesse für die Wiederaufnahme oder Repriorisierung.
Lösungsansätze:
- Pflegen Sie eine offene Feedback-Kultur und wiederholen Sie die Motive für Ausschlüsse regelmäßig.
- Implementieren Sie ein einfaches Änderungsmanagement, das Aufnahmen und Priorisierungen sauber dokumentiert.
- Machen Sie klar, dass „Won’t have“ nicht automatisch „für immer ausgeschlossen“ bedeutet, sondern eine derzeitige Entscheidung darstellt.
Fazit MoSCoW Priorisierung – Won´t have: „Won’t have“ als Schlüssel zum Projekterfolg
Die MoSCoW-Priorisierung fördert nicht nur zielgerichtetes Arbeiten, sondern unterstützt Sie und Ihr Team dabei, sich mutig gegen unnötigen Ballast zu entscheiden. Das bewusste „Nein“ zu bestimmten Anforderungen schützt Ressourcen, stärkt Ihre Glaubwürdigkeit und führt letztlich zu deutlich besseren Produkten. Legen Sie Wert auf ein transparentes, gemeinsames Verständnis – und nutzen Sie die „Won’t have“-Kategorie als aktives Steuerungsinstrument.