Die 4 Ebenen von SAFe – In Unternehmen, die Agilität skalieren möchten, ist das Scaled Agile Framework (SAFe) längst zum Goldstandard avanciert. Doch obwohl sich zahlreiche Teams und Organisationen für SAFe entscheiden, stehen zu Beginn meist viele Fragen im Raum – besonders zur Struktur der vier Framework-Ebenen. In diesem Beitrag erhalten Sie nicht nur eine tiefgehende Einführung in die vier Ebenen von SAFe, sondern auch praxisnahe Einblicke, wie sie ineinandergreifen und echten Mehrwert für agile Unternehmen schaffen.

Warum Ebenen? Die Grundlage von SAFe verstehen
SAFe wurde entwickelt, um Unternehmen dabei zu unterstützen, agile Methoden nicht nur auf Team-Ebene, sondern durchgängig in der gesamten Organisation zu etablieren. Um dieses Ziel zu erreichen, unterteilt SAFe den organisatorischen Wandel in vier klar voneinander abgegrenzte Ebenen. Diese Ebenen sorgen dafür, dass sowohl strategische Initiativen als auch operative Aufgaben effizient umgesetzt werden – und zwar über verschiedene Hierarchie- und Verantwortlichkeitsstufen hinweg. Damit Sie SAFe wirklich effizient in Ihrem Unternehmen einsetzen, lohnt sich ein genauer Blick auf jede einzelne Ebene.
Übersicht: Die vier Ebenen im SAFe Framework
SAFe strukturiert sich in folgende vier Haupt-Ebenen:
- Team-Ebene (Team Level)
- Programm-Ebene (Program Level)
- Lösungs-Ebene (Large Solution Level)
- Portfolio-Ebene (Portfolio Level)
Im Folgenden stellen wir die jeweiligen Ebenen detailliert vor und zeigen auf, wie sie zusammenwirken.
1. Team-Ebene: Die Basis für Agilität
Auf der Team-Ebene arbeiten cross-funktionale, selbstorganisierte Teams, die ein inkrementelles Produkt entwickeln und liefern. Häufig orientiert sich die Arbeitsweise an bekannten agilen Methoden wie Scrum, Kanban oder XP. Auf dieser Ebene finden die meisten Umsetzungsaktivitäten statt, da hier die eigentliche Produktentwicklung erfolgt.
Kernmerkmale der Team-Ebene:
- Feste Iterationen (Sprints) sorgen dafür, dass regelmäßig funktionsfähige Produktinkremente ausgeliefert werden.
- Ein Product Owner vertritt die Anforderungen, während das Team diese gemeinsam priorisiert umsetzt.
- Agile Teams nehmen aktiv an Events wie Sprint Planning, Daily Standup und Review teil.
- Die Teams sind direkt für Qualität und kontinuierliche Verbesserung verantwortlich.
Dabei agieren die Teams zwar weitgehend autark, aber sie arbeiten im größeren Kontext stets eng mit anderen Teams zusammen. Die Kommunikation zwischen den Teams ist entscheidend, weil sie Abhängigkeiten minimiert und Synergien fördert. Durch gemeinsame Retrospektiven auf ART-Ebene wird kontinuierliche Verbesserung nicht nur lokal, sondern auch organisationsweit angestoßen.
2. Programm-Ebene: Gemeinsame Auslieferung auf dem Agile Release Train (ART)
Die Programm-Ebene vernetzt mehrere agile Teams zu sogenannt „Agile Release Trains“ (ART), sodass übergreifende Features und Systementwicklungen möglich werden. Hier rücken Koordination, Synchronisierung und das gemeinsame Ziel, ein wertvolles, integriertes System auszuliefern, in den Fokus. Dies wird regelmäßig durch Program Increments (PIs) – eine Iterationseinheit für mehrere Teams und Features – vorangetrieben.
Strukturelemente der Programm-Ebene:
- Ein Release Train Engineer (RTE) unterstützt die Organisation und Optimierung des Value Flows.
- Product Management ist für die strategische Ausrichtung der Features und deren Priorisierung zuständig.
- Die Systemarchitekten geben technische Leitplanken vor.
- Durch regelmäßige PI-Planungs-Events werden Abhängigkeiten identifiziert und priorisiert abgearbeitet.
Die enge Verzahnung zwischen Business und Entwicklung steigert die Effektivität der Arbeitsergebnisse, weil alle Beteiligten auf dasselbe Ziel hinarbeiten. Zudem ermöglichen regelmäßige System Demos, dass Kundenfeedback direkt in die Weiterentwicklung einfließt und damit die Nutzerbedürfnisse stets im Mittelpunkt stehen.
3. Lösungs-Ebene: Skalierung komplexer Systeme
Nicht jede Organisation nutzt diese Ebene, da sie vor allem dann zum Tragen kommt, wenn sehr große, komplexe Systeme oder Lösungen entwickelt werden, die mehr als einen ART benötigen. Die Lösungs-Ebene kommt also ins Spiel, sobald mehrere „Züge“ (ARTs) synchronisiert werden müssen, um ein großes „System of Systems“ oder eine unternehmensübergreifende Lösung zu liefern.
Schlüsselrollen und -elemente:
- Solution Train Engineer (STE) koordiniert mehrere ARTs und deren Zusammenarbeit.
- Solution Architect definiert die übergreifende Architektur und stellt Integrationsfähigkeit sicher.
- Solution Management priorisiert Anforderungen, die sich nicht nur auf einzelne ARTs, sondern das Gesamtprodukt auswirken.
Auch auf dieser Ebene stehen Planung, Koordination und das frühzeitige Testen der Solution im Mittelpunkt, damit am Ende ein reibungslos funktionierendes, integriertes Gesamtsystem entsteht. Typische Branchen, die diese Ebene benötigen, sind beispielsweise Luft- und Raumfahrt oder Automobilindustrie, in denen verschiedenste Systeme hochgradig integriert werden müssen. Gerade in diesem Kontext werden Schnittstellen-Management und End-to-End-Tests zu entscheidenden Erfolgsfaktoren.
4. Portfolio-Ebene: Strategie, Investitionen und Governance
Die Portfolio-Ebene stellt die höchste Ebene im SAFe Framework dar und verbindet die strategischen Unternehmensziele mit den operativen Umsetzungen. Hier werden Investitionsthemen und Value Streams definiert, die sicherstellen, dass die Aktivitäten der darunterliegenden Ebenen im Einklang mit der Unternehmensstrategie stehen.
Zentrale Funktionen der Portfolio-Ebene:
- Lean Portfolio Management (LPM) definiert Investitionsrahmen und strategische Themen.
- Epics und Value Streams sichern den wirtschaftlichen Mehrwert und erlauben gezielte Steuerung.
- Portfolio Kanban sorgt für Transparenz und Priorisierung aller großen Initiativen.
Ein zukunftsorientiertes Portfolio Management macht es möglich, Innovations- und Technologietrends frühzeitig zu berücksichtigen und gezielt Ressourcen bereitzustellen. In dynamischen Märkten wird Agilität so nicht nur auf Entwicklungs-, sondern auch auf Strategieebene verankert. Neben der transparenten Priorisierung tragen auch regelmäßige Portfolio Reviews und adaptive Budgetierungen dazu bei, dass Unternehmen schnell auf Veränderungen reagieren können.
Zusammenspiel der Ebenen – der Schlüssel zur Agilität im großen Maßstab
Erst das nahtlose Zusammenspiel aller vier Ebenen befähigt Unternehmen dazu, flexibel, innovativ und wettbewerbsfähig zu agieren. Während die Team- und Programm-Ebene für Fokus und Effizienz im operativen Geschäft sorgen, ermöglichen Lösungs- und Portfolio-Ebene die notwendige Ausrichtung auf langfristige Strategie und marktübergreifende Lösungen.
Synergieeffekte durch übergreifende Zusammenarbeit
Zwischen den einzelnen Ebenen laufen regelmäßig Feedbackschleifen, um den Flow von strategischen Zielen bis zur Lieferung zu sichern. Strategische Epics werden vom Portfolio in Initiativen heruntergebrochen, die dann in den ARTs umgesetzt werden. Gleichzeitig kann Feedback aus der Umsetzung zurück an die Portfolio-Ebene fließen, sodass Prioritäten und Ressourcen dynamisch angepasst werden.
Vorteile der Vier-Ebenen-Struktur:
- Strategische Klarheit: Unternehmensziele werden transparent auf alle Aktivitäten heruntergebrochen.
- Operational Excellence: Automatisierte Prozesse und klare Verantwortlichkeiten fördern eine hohe Umsetzungsqualität.
- Koordination & Transparenz: Synchronisierung auf allen Ebenen verhindert Silos und Doppelarbeiten.
- Skalierbarkeit: Die Struktur wächst mit der Organisation, ohne an Flexibilität zu verlieren.
- Continuous Improvement: Verbesserungen werden durch alle Ebenen hinweg gefördert und institutionalisiert.
Herausforderungen und Best Practices bei der Einführung der vier Ebenen
Obwohl SAFe einen strukturierten Rahmen bietet, ist die Einführung keineswegs trivial. Nur wenn Unternehmen die vier Ebenen konsequent mit Leben füllen und auf die eigene Organisationsstruktur ausrichten, profitieren sie auch von den Vorteilen.
Typische Herausforderungen:
- Fehlende Kommunikation zwischen Ebenen, die zu Silos führt
- Mangelndes Verständnis für Rollen und Verantwortlichkeiten
- Zu wenig Investition in Change Management und Training der Beteiligten
- Widerstände gegen neue Prozesse und Entscheidungen
Empfehlungen für die Praxis:
- Investieren Sie in Schulungen für alle beteiligten Rollen.
- Etablieren Sie feste Kommunikations- und Feedbackstrukturen.
- Nutzen Sie PI-Plannings und Portfolio Reviews als feste Veranstaltungen.
- Passen Sie die Ebenen flexibel an die reale Unternehmensstruktur an, statt starr am Lehrbuch zu bleiben.
- Fördern Sie eine offene Fehlerkultur und regelmäßige Retrospektiven.
Fazit: Die vier Ebenen als Fundament für nachhaltiges agiles Arbeiten
Wer SAFe erfolgreich einführen oder optimieren möchte, sollte die vier Ebenen nicht als starre Hierarchien, sondern als dynamisches System verstehen. In ihrer Wechselwirkung ermöglichen sie nicht nur die effiziente Umsetzung einzelner Projekte, sondern auch die ganzheitliche Transformation eines Unternehmens. Wenn Sie jede Ebene gezielt adressieren und auf die Bedürfnisse Ihres Unternehmens abstimmen, sichern Sie sich den entscheidenden Vorsprung im Zeitalter der Agilität. Darüber hinaus ist es wichtig, die Umsetzung regelmäßig zu reflektieren und die Prozesse kontinuierlich weiterzuentwickeln, um langfristig erfolgreich zu sein und den größtmöglichen Nutzen aus SAFe zu ziehen.