Was ist Jobs to Be Done (JTBD)? – In einer Zeit, in der sich Märkte rasant verändern und Kunden eine immer größere Vielfalt an Produkten zugänglich ist, stehen Unternehmen unter enormem Innovationsdruck. Viele Firmen setzen dabei noch immer auf klassische Zielgruppenanalysen, demografische Daten und reine Produktoptimierung. Allerdings reicht dieses Vorgehen längst nicht mehr aus, um die tatsächlichen BedĂĽrfnisse von Konsumenten zu verstehen oder gar zu begeistern. Tatsächlich zeigt sich, dass nachhaltiger Erfolg dann möglich wird, wenn Unternehmen das grundlegende „Warum“ hinter einer Kaufentscheidung entschlĂĽsseln. Genau hier kommt das „Jobs to Be Done“-Konzept (kurz: JTBD) ins Spiel.

Was ist JTBD? Die Kerngedanken
Das „Jobs to Be Done“-Framework beschreibt ein kundenorientiertes Denkmodell, bei dem nicht das Produkt im Mittelpunkt steht, sondern die spezifische Aufgabe oder das Problem, das ein Kunde mit dem Produkt lösen will. Clayton Christensen, Professor an der Harvard Business School, prägte dieses Konzept entscheidend und machte es durch sein Werk „Competing Against Luck“ international bekannt.
Der entscheidende Paradigmenwechsel: Kunden kaufen kein Produkt per se, sondern sie „engagieren“ es, um eine bestimmte Aufgabe in ihrem Alltag zu erledigen. Damit wird die Frage „Was will mein Kunde wirklich erreichen?“ zur Schlüsselfrage erfolgreicher Innovationen.
Voraussetzungen und Prinzipien des JTBD-Ansatzes
Das JTBD-Modell basiert auf einigen zentralen Grundannahmen:
- Menschen treffen Kaufentscheidungen letztendlich, weil sie in ihrem Leben vorankommen wollen – sei es funktional, emotional oder sozial.
- Kunden „verpflichten“ ein Produkt zu einem bestimmten „Job“. Wenn dieses Produkt den Job besser erledigt als Alternativen, wird es gewählt – unabhängig von Trends oder Hypes.
- Die Betrachtung des gesamten Nutzungskontexts ist essenziell. Nicht allein die Features sind entscheidend, sondern das Zusammenspiel aus Problem, Situation, Ziel und erfolgreicher Umsetzung.
Bindeglied: Der Dreiklang aus Kontext, Motivation und Ergebnis
Ein exzellentes JTBD-Verständnis entsteht vor allem dann, wenn Unternehmen beide Aspekte – also Kontext und Motivation – berücksichtigen. Nur wer versteht, in welcher Situation ein bestimmtes Bedürfnis entsteht und welches Ergebnis der Kunde wirklich anstrebt, kann Innovationen schaffen, die tatsächlich einen Unterschied machen.
Der JTBD-Prozess: Von der Theorie zur Anwendung
Um JTBD im Unternehmen zu verankern, benötigt es mehrere Stufen:
1. Identifikation der Jobs
Beginnen Sie mit qualitativen Interviews. Fragen Sie nicht nur nach Wünschen oder bevorzugten Produktfeatures, sondern analysieren Sie die tägliche Lebenswelt Ihrer Zielgruppe.
Beispiel-Fragen:
- Was haben Sie versucht, bevor Sie unser Produkt genutzt haben?
- In welcher Situation nutzen Sie unser Produkt am häufigsten?
- Was sind die größten Hindernisse dabei?
2. Analyse der Nutzungsketten
Ein weiterer Schritt besteht darin, die Customer Journey genau zu betrachten. Welche Schritte durchläuft der Kunde, was geschieht vor, während und nach der Nutzung?
Auch sollten Sie beobachten, in welchen Situationen der Kunde Ihr Produkt nicht nutzt – denn hier liegen enorme Potenziale für Innovation.
3. Ableitung echter Jobs und deren „Metriken“
Jeder JTBD ist nur dann nutzbringend, wenn Sie ihn präzise definieren können, sodass daraus Innovation, neue Angebote oder Verbesserungen resultieren können.
Wichtige Aspekte:
- Funktionaler Job (z.B. Wunsch nach Zeitersparnis)
- Emotionaler Job (z.B. Wunsch nach Sicherheit oder Status)
- Soziale Dimension (z.B. Wunsch, als kompetent wahrgenommen zu werden)
4. Ăśbertragung der Erkenntnisse in Strategie und Entwicklung
Erst wenn ein reales Verständnis für die relevanten Jobs besteht, können Sie Lösungen entwickeln, die diese Aufgaben messbar besser lösen als aktuelle Wettbewerber.
Praktische Beispiele fĂĽr JTBD
Das berĂĽhmte Milchshake-Beispiel
Ein Fast-Food-Unternehmen wollte die Milchshake-Verkäufe steigern. Klassische Marktforschung brachte kein Ergebnis, also analysierte das Team mithilfe von JTBD: Viele Kunden kauften morgens Milchshakes, um länger satt zu bleiben und sich auf dem Arbeitsweg nicht zu langweilen. Der eigentliche Job war also nicht „frühstücken“, sondern „satt und beschäftigt durch den Arbeitsweg kommen“. Daraufhin wurde das Produkt gezielt an die tatsächlichen Bedürfnisse angepasst – und die Verkäufe stiegen spürbar.
Weitere Alltagsbeispiele:
- Spotify: Erledigt den Job „Stimmung schaffen oder begleiten“, nicht einfach nur „Musik abspielen“.
- Akkuschrauber: Nutzt man, weil man „schnell und stressfrei Bilder aufhängen“ möchte – nicht, weil man ein bestimmtes Werkzeug besitzen will.
- Essenslieferdienst: Wird engagiert, um „eine stressfreie gemeinsame Zeit mit Gästen zu ermöglichen“ – nicht bloß, weil keiner Lust auf Kochen hat.
Warum ist JTBD so wirkungsvoll?
Unternehmen, die den JTBD-Ansatz rigoros umsetzen, profitieren auf mehreren Ebenen:
- Tiefes Kundenverständnis: Da der Fokus auf echten Problemen und Lebenssituationen liegt, können Produkte entwickelt werden, die einen wirklichen Unterschied machen.
- Innovationspotenzial: Indem Sie unerfüllte Jobs aufdecken, können Sie neue Angebote schaffen, an die die Konkurrenz noch nicht denkt.
- Besserer Market-Fit: Marketing und Vertrieb können Argumentationen exakt auf die konkreten Kundenjobs zuschneiden.
- Vermeidung von Fehlentwicklungen: Sie investieren nicht mehr in Funktionen, die am Bedarf vorbeigehen, sondern in Lösungen, die echte Nachfrage bedienen.
JTBD in der Praxis: Methoden zur Job-Identifikation
Die Ermittlung von „Jobs“ erfolgt systematisch, indem verschiedene Tools miteinander kombiniert werden:
1. Contextual Inquiry & Interviews
Investieren Sie in offene, strukturiert geführte Interviews und beobachten Sie Ihre Kunden im natürlichen Umfeld. Oft zeigt sich erst hier, wofür Produkte tatsächlich verwendet werden und welche Reibungspunkte es gibt.
2. Shadowing & Beobachtung
Viele Nutzer können ihren „Job“ nicht explizit formulieren, deshalb ist das Beobachten von Routinen besonders hilfreich.
3. Jobs Maps und Customer Journey Mapping
Visualisieren Sie, wie Ihr Kunde von Aufgabe zu Aufgabe gelangt, und wo bestehende Lösungen versagen.
4. Analyse von Nicht-Nutzern
Warum nutzen manche Menschen ein bestimmtes Produkt oder Angebot nicht, obwohl sie passende Probleme haben? Die Antwort darauf kann ein Schatz fĂĽr Wachstum und Innovation sein.
Typische Fehlerquellen und Best Practices
Verschiedene Studien zeigen, dass JTBD-Ansätze viel falsch gemacht werden können – was den Erfolg erheblich schmälert. Umso wichtiger ist ein besonnener Umgang:
- Verwechseln Sie nicht das Produkt mit dem Job. Hinterfragen Sie stets den tieferen Sinn hinter der Nutzung.
- Definieren Sie Jobs spezifisch genug, damit Sie aus den Erkenntnissen tatsächlich Innovationen ableiten können.
- Lassen Sie sich auf die Perspektive Ihrer Zielgruppe ein, anstatt mit Annahmen und Erfahrungswerten aus internen Diskussionen zu arbeiten.
- Kombinieren Sie qualitative Interviews mit echten Verhaltensdaten – nur so entsteht ein vollständiges Bild.
Ein ganzheitlicher Blick: JTBD als Change-Agent in der Organisation
Damit JTBD seine ganze Stärke entfalten kann, muss das Konzept integraler Bestandteil der Kultur werden. Teams aus Produktmanagement, Marketing und Vertrieb sollten die Methode gemeinsam anwenden und ihre Erkenntnisse systematisch teilen.
Darüber hinaus bietet JTBD eine hervorragende Grundlage, um Kundenbindung und Innovation entlang der gesamten Wertschöpfungskette neu zu denken. Wer konsequent die Jobs seiner Kunden analysiert, bleibt beweglich und entwickelt Lösungen, die nicht nur begeistern, sondern wirklich gebraucht werden.
Fazit Was ist Jobs to Be Done (JTBD)?: Warum sich JTBD fĂĽr Ihr Unternehmen lohnt
Das „Jobs to Be Done“-Framework eröffnet eine neue Sichtweise auf Kunden und hilft dabei, Produkte und Dienstleistungen konsequent aus deren Alltag und Bedürfnissen heraus zu entwickeln. Deshalb sollten Firmen heute nicht mehr fragen „Welche Zielgruppe kaufen wir an?“, sondern: „Welches Problem wollen unsere Kunden eigentlich lösen – und wie können wir das möglichst gut tun?“
Wer diese Denkweise etabliert, profitiert von dauerhafter Kundenbindung, höherer Innovationskraft und einer klaren Differenzierung am Markt.