JTBD vs. Personas – Kunden wollen verstanden werden – daran besteht kein Zweifel. Dennoch stoßen Unternehmen in der Praxis immer wieder an ihre Grenzen, wenn sie ihr Angebot konsequent am Nutzer ausrichten wollen. Zwei Methoden haben es dabei in den Mittelpunkt von Produktdesign, Innovation und Marketing geschafft: Personas und Jobs to Be Done (JTBD). Während Personas auf Basis von Nutzerprofilen Orientierung bieten, beleuchtet JTBD die tatsächlichen Gründe für die Produktwahl. Doch stehen diese Methoden im Konkurrenzverhältnis oder können sie sich sinnvoll ergänzen? Dieser Artikel gibt einen tiefgehenden Überblick, vergleicht die Ansätze und zeigt, wie ein integratives Vorgehen nachhaltigen Markterfolg möglich macht.

Personas: Die Vorteile der Empathie im Produktprozess
Personas sind detaillierte, fiktive Charaktere, die auf realen Daten und Erkenntnissen aus der Nutzerforschung basieren. Sie repräsentieren typische Nutzergruppen eines Produkts und helfen Teams, sich einfacher und wirkungsvoller in die Lebenswelt ihrer Kundschaft hineinzuversetzen. Durch Personas wird der Kunde greifbar; UX-Designer, Marketer sowie Entwickler können Entscheidungsprozesse an einer zentralen Figur ausrichten.
Typische Kernelemente einer Persona:
- Name und Illustration: Jede Persona bekommt Identität und ein Gesicht.
- Soziodemografische Daten: Alter, Beruf, Familienstand, Bildungsgrad.
- Verhaltensmuster und Lebensstil: Einkaufsvorlieben, digitale Affinität, Tagesabläufe.
- Ziele und Bedürfnisse: Was möchte die Persona erreichen, was treibt sie an?
- Herausforderungen/Pain Points: Welche Hürden gibt es im Alltag?
- Zitate und Aussagen: Authentische Stimmen aus der Nutzerforschung machen die Persona lebendig.
Weil Personas in Workshops und als Kommunikationsgrundlage eingesetzt werden, fördern sie die interne Abstimmung und halten den Kundenfokus präsent. Allerdings kommen sie an ihre Grenzen, wenn die wahren Beweggründe für ein bestimmtes Nutzerverhalten nicht erfasst werden.
JTBD: Der Blick hinter die Bedürfnisse
Im Gegensatz dazu stellt der Jobs to Be Done (JTBD)-Ansatz nicht die Person, sondern den „Job“, das zu erledigende Ziel, in den Mittelpunkt. Der Gedanke dahinter ist bestechend einfach: Kunden „beauftragen“ ein Produkt oder eine Dienstleistung, damit diese eine bestimmte Aufgabe für sie löst. Entscheidend ist dabei, warum und in welchem Kontext ein Produkt genutzt wird – nicht zu vergessen die funktionalen, emotionalen und sozialen Hintergründe dieser Handlungen.
Die zentralen Prinzipien von JTBD:
- Kontext schlägt Demografie: Entscheidend ist der Nutzungsanlass, nicht das Alter oder Geschlecht.
- Tiefe Nutzerforschung: Durch qualitative Interviews deckt man häufig unerwartete Motive und Problemstellungen auf.
- Jobs sind dynamisch: Sie variieren je nach Situation, Umgebung und Fortschritt des Nutzers.
- Nicht der Bohrer, sondern das Loch: Anwender kaufen eine Lösung für ihr Problem – keineswegs ein Produkt um seiner selbst willen.
- Ausblick für Innovation: JTBD inspiriert Produktteams dazu, gezielt Innovationspotenziale zu identifizieren, die im Alltag der Nutzer sonst verborgen bleiben.
Obwohl JTBD eine sehr tiefe Sicht auf den Kunden eröffnet und oft zur Grundlage disruptiver Innovationen wird, ist der Ansatz – gerade für Einsteiger – etwas abstrakter als die klar gezeichnete Persona.
JTBD und Personas im direkten Vergleich
Wo liegen die Hauptunterschiede? Und wie lassen sich Schnittmengen sinnvoll nutzen? Die folgende Tabelle zeigt die wichtigen Merkmale im Überblick:
| Aspekt | Personas | JTBD |
|---|---|---|
| Ziel | Nutzersegmente greifbar machen | Jobs, die Nutzer erledigen, identifizieren |
| Fokus | Demografisch und psychografisch | Anlässe, Kontexte, Probleme |
| Aufbau | Fiktionale Profile basierend auf realen Daten | Beschreibung konkreter Aufgaben („Jobs“) |
| Nutzen für Teams | Empathie, Kundenperspektive, Kommunikationshilfe | Problemlösung, Innovationsimpulse |
| Typischer Einsatz | Marketing, UX, Content, Team-Alignment | Produktentwicklung, Innovation, Marktdynamik |
Stärken und Schwächen auf einen Blick
Vorteile der Persona-Methode
- Macht Zielgruppen für alle verständlich
- Fördert Absprachen quer durch die Organisation
- Verleiht Nutzern eine Stimme am Strategie-Tisch
Schwächen der Persona-Methode
- Gefahr, auf Klischees oder bloße Annahmen zu bauen
- Lässt die wahre Motivation für die Produktwahl oft offen
Stärken des JTBD-Ansatzes
- Entschlüsselt die Wurzel von Nutzerentscheidungen
- Fördert kundenorientierte Innovation
- Nimmt den Nutzungskontext mit in den Blick
Grenzen von JTBD
- Höherer Rechercheaufwand durch tiefgehende Interviews
- Kann ohne Personas in Kommunikation und Storytelling abflachen
Praxisbeispiel: Kaffee-to-go für unterschiedliche „Jobs“
Um die Unterschiede praktisch zu illustrieren, betrachten wir ein allseits bekanntes Produkt: den Kaffee zum Mitnehmen.
- Persona-getriebener Ansatz:
Jana, 30, Marketingmanagerin, technologieaffin, trinkt unterwegs Kaffee, weil sie morgens wenig Zeit hat und einen Energieschub braucht. - JTBD-getriebener Ansatz:
„Wenn ich morgens zur Arbeit gehe, brauche ich eine Möglichkeit, wach und konzentriert im Meeting zu erscheinen.“- Job: Energie tanken und das Gefühl, professionell in den Tag zu starten.
- Ein und das gleiche Produkt – ein jeweils anderer Blickwinkel auf den Kunden.
JTBD vs. Personas: Kombination statt Entweder-Oder
Die Diskussion „JTBD versus Personas“ ist eigentlich überholt. Weil Kunden und ihre Erlebnisse vielseitig sind, profitieren insbesondere innovative Unternehmen davon, beide Methoden zu verknüpfen. Denn wenn Personas dem Team helfen, Zielgruppen emotional zu greifen, offenbart JTBD den wahren Grund für die Kaufentscheidung.
Praktische Integration im Arbeitsalltag
- Starten Sie mit JTBD-Interviews, um die grundlegenden Aufgaben, Hindernisse und Erwartungen zu ermitteln.
- Ergänzen Sie diese Erkenntnisse mit Persona-Steckbriefen, um kommunikative Maßnahmen und die Markenansprache zu schärfen.
- Erstellen Sie für jede wichtige Persona die dazugehörigen „Jobs“, um Kommunikations- und Produktstrategie optimal zu verbinden.
- Nutzen Sie die JTBD-Ergebnisse im Innovationsprozess und stimmen Sie Werbebotschaften fein auf die Persona ab.
Leitfaden zur Umsetzung im Unternehmen
Gerade in crossfunktionalen Teams sorgt der methodische Mix für einen klaren roten Faden in der Kundenorientierung. Damit gelingt es, sowohl Designprozesse als auch Marketing und strategische Planung miteinander zu verzahnen. In der Praxis laufen diese Schritte oft erfolgreich:
- Erhebung der Kundenjobs:
Tiefeninterviews mit offenen Fragen zu Herausforderungen und Zielen. - Ableitung von Hauptpersonas:
Aus realen Mustern werden Profilbilder und Storys entwickelt. - Mapping von Jobs auf Personas:
Zuordnung, welche Persona mit welchem Job jeweils in Berührung kommt. - Priorisierung von Maßnahmen:
Welche Kombinationen bergen die größten Chancen und erfordern gezielte Lösungen? - Kommunikationsstrategie und Storytelling ableiten:
Aus den Motiven und Herausforderungen passende Messages erarbeiten.
Fazit JTBD vs. Personas: Mehr Kundenfokus durch Methodenvielfalt
Die Welt der Nutzer ist facettenreich und ständig im Wandel. Wer heute noch überwiegend auf Annahmen und Standardlösungen baut, gerät schnell ins Hintertreffen. Der Schlüssel liegt darin, die Perspektiven zu wechseln und analytische Tiefe mit spürbarer Empathie zu verbinden. Personas machen Zielgruppen nahbar und wirken als Navigationshilfe in der Kommunikation. JTBD dagegen lassen uns durch die Augen des Nutzers erkennen, welches Problem tatsächlich gelöst werden muss – und warum.
Wer beide Methoden klug kombiniert, erreicht nicht nur eine höhere Marktrelevanz, sondern verankert nachhaltige Kundenorientierung in der gesamten Wertschöpfungskette. Deshalb empfiehlt es sich, die Entgegensetzung von JTBD und Personas zu überwinden und stattdessen gemeinsam als „Customer Insight“-Duo zu nutzen.